Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
liebe Frau Jäkel,
lieber Herr Dr. de Maizière,
lieber Herr Steinbrück,
lieber Herr Professor Voßkuhle,
meine Damen und Herren, hier im Schloss Belleuve und liebe Zuschauer.
„Das Vertrauen bei vielen Bürgerinnen und Bürgern in die Problemlösungskraft, in die Entscheidungsfähigkeit und deshalb in die Nützlichkeit der freiheitlichen Demokratie, ihrer Institutionen und Repräsentanten, dieses Vertrauen hat ganz offenbar gelitten; ist in Teilen der Gesellschaft sogar erodiert.“
Mit diesen eindringlichen Worten brachten Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, den Auftrag für die „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ vor rund acht Monaten auf den Punkt: Vertrauen schaffen.
Vertrauen in die Demokratie, in ihre Institutionen und in die Menschen, die sie vertreten.
Vertrauen entsteht nicht über Nacht. Vertrauen muss man sich erarbeiten. Und immer wieder bestätigen. Indem man macht, was man sagt. Indem man umsetzt, was notwendig ist.
Vertrauen beginnt da, wo die Menschen etwas „in guten Händen“ wissen. Der zu Beginn des Jahres verstorbene ehemalige Bundespräsident Horst Köhler sagte einmal:
„Vertrauen ist Gemeinschaftswerk.“
Liebe Frau Jäkel, lieber Herr de Maizière,
lieber Herr Steinbrück, lieber Herr Voßkuhle,
ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich dieser Aufgabe angenommen haben und uns heute ein echtes „Gemeinschaftswerk“ übergeben. Die „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ war bei Ihnen in den besten Händen. Sie haben in den vergangenen acht Monaten essentielle Grundlagen für mehr Vertrauen in die Demokratie geschaffen.
Dafür möchte ich Ihnen im Namen der Bundesregierung mit großer Wertschätzung zurufen: Vielen Dank für diesen wichtigen Beitrag für die Zukunft unseres Landes !
Sie haben mit Ihrer Initiative viele kluge Institutionen und Köpfe der Staatsmodernisierung zusammengebracht.
Sie haben mit einem besonders wertvollen Blick auf die Fragen der Staatsmodernisierung geschaut – geschärft durch jahrelange Expertise und getragen von ihrer parteiübergreifend anerkannten Unabhängigkeit, Kompetenz und Integrität.
Mit diesem besonders wertvollen Blick haben Sie in den Maschinenraum des Staates geblickt und bei Verwaltungsmitarbeitenden nachgefragt.
Außerdem haben Sie eine Art „Praxistest“ gemacht und gefragt: „Wie nehmen Unternehmerinnen und Unternehmer und Bürgerinnen und Bürger unseres Landes den Staat wahr?“
Wir alle spüren täglich, dass es hakt:
Wenn man wochenlang auf einen neuen Reisepass warten muss – und das in einer Welt, in der das allermeiste schon digital, sofort und global ist – man fragt man sich zu Recht: Warum kann mein Land das nicht besser?
Wenn Schulen jahrelang auf die Reparatur eines undichten Dachs warten müssen, dann erleben Kinder und Eltern den Staat nicht als Gestalter, sondern als Blockierer.
Wenn eine Unternehmerin mehr Zeit mit dem Ausfüllen von Formularen verbringt als mit dem Aufbau ihres Geschäfts, dann wird Eigeninitiative ausgebremst – und mit ihr die Chance auf wirtschaftliches Wachstum erschwert.
Wenn Gesetze nicht praktikabel vollzogen werden können, weil sie keine valide Datengrundlage haben oder weil sie zu anderen Gesetzen im Widerspruch stehen, dann erodiert das Vertrauen in den Gesetzgeber und in unsere Demokratie.
Genau hier haben Sie mit der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ den Finger in die Wunde gelegt und Schmerzpunkte benannt, die unser Land lähmen.
Sie benennen dazu klar, dass wir in Deutschland kein Erkenntnisproblem haben. Das teile ich und unterstreiche deshalb gerne auch an dieser Stelle:
Wir haben ein Umsetzungsproblem. Und wir wissen: Das müssen wir ändern.
Es gibt nichts zu beschönigen: An zu vielen Stellen fehlte und fehlt bis heute der politische Wille und Mut, Erkenntnissen auch die notwendigen Taten folgen zu lassen. Deshalb sind heute mehr denn je gefragt: politischer Wille und Mut!
Mein Ministerium hat diesen Willen und hat diesen Mut. Ich habe diesen Willen, und ich habe diesen Mut. Aber ich sage Ihnen auch: das alleine reicht nicht. Unser ganzes Land braucht diesen Willen und mehr Mut – dies zu erreichen.
Das ist das Ziel der neuen Bundesregierung! Und ich hoffe, wir gewinnen immer mehr Mitstreiterinnen und Mitstreiter auch im Schulterschluss mit den Ländern.
Liebe Frau Jäkel, lieber Herr de Maizière,
lieber Herr Steinbrück, lieber Herr Voßkuhle,
Ihr Abschlussbericht nimmt uns in die Pflicht. Denn neben der Bestandsaufnahme haben Sie sich klar auf konkrete Handlungsempfehlungen fokussiert. Ihr Zwischenbericht lieferte klare, praxisnahe Handlungsempfehlungen für einen modernen, bürgernahen und digitalen Staat:
- effiziente, verständliche Gesetzgebung,
- klare Zuständigkeiten und bessere Zusammenarbeit im Föderalstaat,
- Digitalisierung mit Nutzerfokus,
- eine moderne Sicherheitsarchitektur,
- weniger Bürokratie und mehr Innovationskraft,
- eine neue Kultur des Vertrauens statt einer Kultur des Misstrauens.
Sie haben ein klares Zielbild entwickelt: für einen Staat, der das Leben der Menschen einfacher und besser macht.
Ein Zielbild, das auch den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung maßgeblich geprägt hat.
Ihre Initiative ist darin explizit hervorgehoben, und Sie haben durch die Vorlage des Zwischenberichts in dieser wichtigen Phase auch ein wichtiges politisches Momentum genutzt, um dem Themenfeld der Staatsmodernisierung den notwendigen Schub zu geben. Auch dafür danke ich Ihnen als Bundesminister für Staatsmodernisierung sehr!
Und ich würde mich freuen, wenn wir in regelmäßigen Abständen im Austausch bleiben. Um uns darüber auszutauschen, wie wir vorankommen. Im Sinne der Transparenz, im Sinne der Messbarkeit!
Den Rahmen für unsere Arbeit – in der Bundesregierung und im neuen Ministerium - haben die Verhandelnden des Koalitionsvertrages formuliert. Sie haben dabei konkrete Vorschläge Ihrer Initiative aufgegriffen.
Ich kann Ihnen heute versichern: Es sind hochmotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in meinem Ministerium, die nun auf der Grundlage vieler Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam mit den anderen Ressorts konkrete Lösungen entwickeln. Menschen, die mit viel Passion aus Worten echten und greifbaren Fortschritt machen wollen – getreu dem Motto des BMDS: #WIRMACHEN.
Nach 70 Tagen im Amt steht für mich fest: So wie bisher kommen wir nicht ans Ziel. Wir müssen neue Wege gehen. Lassen Sie mich dazu drei Erkenntnisse aus den ersten Wochen skizzieren.
Erstens: Die Abstimmungsprozesse innerhalb unseres Staates sind zu komplex.
Grundsätzlich ist Beteiligung ein Zeichen einer starken Demokratie. Aber sie birgt auch die Gefahr, dass gute Ideen verwässert werden und an Wirksamkeit verlieren.
Hier braucht es mehr Mut – mehr Mut auch dazu, einander etwas “zuzumuten”. Wir brauchen weniger „Haben wir schon immer so gemacht“ und mehr „Lasst es uns besser, anders, einfacher machen!“
Wir brauchen nicht nur einen handlungsfähigen Staat. Wir brauchen einen handlungswilligen Staat.
Denn ein handlungsfähiger Staat ist kein Selbstzweck, sondern Rückgrat einer starken Demokratie. Nur ein Staat, der seine Aufgaben erfüllt, seine Versprechen hält und auf Herausforderungen entschlossen reagiert, schafft Vertrauen.
Zweitens: Wir haben insgesamt einen zu geringen Fokus auf Umsetzung und Wirkung. Es reicht nicht, Maßnahmen zu definieren, Gesetze zu machen und sie abzuhaken. Es kommt auf die Umsetzung, die Klarheit und auf die Messung von Wirksamkeit an. Gutes Staatshandeln muss wirksames Staatshandeln sein.
In meinem Haus soll gelten: Wir messen, was wirkt. Wir fragen bei Vorhaben: Bringt uns das konkret weiter auf dem Weg zu einem handlungsfähigen Staat? Und: Wie schnell kommen wir voran?
Was wir nicht akzeptieren dürfen, sind endlose Projektlaufzeiten, ausufernde Kosten und unzureichende Umsetzung.
Politik und Verwaltung müssen sich mehr auf die Ergebnisse, Resultate fokussieren – weniger auf die Prozesse. Prozesse sind Mittel zum Zweck.
Und Drittens: Ressourcen werden oft nicht effizient genug eingesetzt. Auch diesbezüglich müssen wir Verwaltung neu denken. Das heißt:
- Doppelzuständigkeiten abschaffen, Effizienz steigern und Synergien heben,
- gute Lösungen nicht mehrfach entwickeln, sondern koordiniert und schnell in die Fläche bringen,
- und: Folgekosten staatlichen Handelns von Anfang an mitdenken.
Verwaltungshandeln muss künftig seinen Wert besser beweisen – seinen „Return on Investment“ – durch echte Entlastungen für Bürger und Unternehmen, Kostensenkungen innerhalb des Staatsapparats und durch gewonnene Zeit für das, was unser Land wirklich voranbringt: Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.
Und genau darum muss es übrigens auch beim Bürokratierückbau gehen: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes und Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger, für Unternehmen und – nicht zuletzt – auch für den Staat selbst. Lassen Sie es mich dabei noch einmal ganz deutlich sagen: Bürokratierückbau ist für uns kein selbstzweckhaftes Paradigma des Neoliberalismus, sondern angesichts der angestauten Komplexität unseres Staates geradezu eine Bedingung für ein handlungs- und wettbewerbsfähiges Land.
Verehrte Gäste,
schon wenige Tage, nachdem ich mein Amt übernommen hatte, konnte ich mich mit Ihnen, liebe Frau Jäkel und lieber Herr de Maizière, persönlich über den Zwischenbericht Ihrer Initiative austauschen. Ich habe Ihnen damals angekündigt, dass wir noch in diesem Jahr an einer „Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung“ arbeiten. Für diese haben Sie mir drei Top-Themen mitgegeben:
- Aufgaben bündeln, um schneller zu werden
Wir brauchen mehr Bündelung– innerhalb der Bundesverwaltung, vor allem aber auch im Föderalstaat. Klarere Zuständigkeiten und mehr Tempo. Das hilft auch beim Konsolidieren: weniger Doppelarbeit, weniger Ausgaben, schlankere Strukturen. - Dienstrecht modernisieren, Silos aufbrechen
Starre Laufbahnen und Mauern zwischen den Häusern bremsen uns aus. Wir wollen mehr Dynamik: Seiteneinstieg erleichtern, Wechsel zwischen Verwaltung und Wirtschaft fördern, Talente halten und vernetzen. Mut zur Veränderung muss belohnt werden! Nur so wird Verwaltung agiler. - Bessere Gesetzgebung, Bürokratierückbau
Gute Gesetze müssen in der Praxis funktionieren. Deshalb nutzen wir die Frühphasen besser:
mit Reallaboren und mit dem Mut zum Neudenken, klar und konsequent handeln – spürbar für Bürger, Unternehmen und Verwaltung.
Wir sind mit dem BMDS angetreten, den Staat besser zu machen, zu modernisieren, zu digitalisieren. Wir wollen Möglichmacher sein! Im Schulterschluss mit den anderen Ministerien und den Ländern und Kommunen.
Auch bei der Digitalisierung haben wir eine klare Agenda, mit deren Umsetzung wir begonnen haben. Mit klar definierten Arbeitsfeldern:
Infrastruktur, Regulierung, Cyber-Sicherheit, Digitale Souveränität und KI sowie die Digitalisierung der Verwaltung.
Wir arbeiten mit Blick auf die Praxis, mit Blick auf die Umsetzung. Denn entscheidend ist, was bei den Menschen ankommt.
Meine Damen und Herren,
ein funktionierender Staat ist ein demokratisches Versprechen. Denn wo der Staat dauerhaft als zu zögerlich und überfordert erlebt wird, dort wachsen Misstrauen und Frust. Dann beginnen Menschen, sich zurückzuziehen – oder sie wenden sich jenen zu, die vereinfachende und falsche Antworten auf die komplexen Probleme unserer Zeit versprechen.
Es ist unsere Verantwortung, alles in unser Macht Stehende dagegen zu tun – und lassen sie mich persönlich hinzufügen: gerade auch deshalb habe ich politische Verantwortung übernommen, um an einem besseren Gelingen unseres Gemeinwesens mitzuarbeiten.
Ein handlungsfähiger Staat ist die Voraussetzung für das Gelingen von Demokratie. Wenn Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen spüren, dass ihr Staat funktioniert, dass er für sie da ist, dass er ihr Leben einfacher und besser macht – dann entsteht Vertrauen.
Lassen Sie uns an diesem „Gemeinschaftswerk Vertrauen“ entschlossen und engagiert arbeiten.
Lassen Sie uns #MACHEN!
Herzlichen Dank!